Auf den ersten Blick haben ein Kulturschock und die Corona-Krise nichts miteinander zu tun, auf den zweiten erstaunlich viel. – Zugegeben, wenn ich mich entscheide, im Ausland zu studieren oder zu arbeiten, dann habe ich in der Regel Gelegenheit, mich auf die neue Situation vorzubereiten. Das war im Fall von Corona in dieser Form nicht möglich.
Neue Situationen erzeugen Unsicherheit
Dennoch lässt sich die für alle Menschen komplett neue Situation vergleichen mit dem Eintreten in eine neue Kultur. Vieles ist anders, als wir es bisher gewohnt waren. Welche Regeln gelten jetzt? Was darf ich, was nicht? Ein Gefühl der Unsicherheit beschleicht die Menschen. Dieses Gefühl der Desorientierung empfinden viele Menschen auch in der derzeitigen Krise.
Zunächst ist da konkret das wenig erforschte Virus, das die Gesundheit gefährdet und als unsichtbarer und unberechenbarer Feind scheinbar überall lauert. Sollte ich mich krank fühlen, wohin kann ich mich wenden, wann darf ich zum Arzt gehen, wie funktioniert das mit der Quarantäne? Wie kann ich verhindern, dass meine Familie, meine Eltern oder ich selbst erkranke?
Geänderte Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz
Gleichzeitig hat sich das Arbeitsumfeld komplett verändert: viele Menschen arbeiten entweder im Home Office oder vertraute Prozesse haben sich geändert. Es gibt Sicherheitsbestimmungen zu beachten, neue Teams werden gebildet, Arbeitszeiten verändert und Abläufe neu geregelt.
Insbesondere das Arbeiten im Home Office ist für die Meisten eine ganz neue Erfahrung, die zunächst ganz praktische Fragen aufwirft: Wie und wo richte ich meinen Arbeitsplatz zu Hause ein? Wie regele ich die Kinderbetreuung tagsüber? Wie funktionieren Video-Meetings mit Kollegen, Vorgesetzten und Geschäftspartnern? Wie klappt das alles mit der Technik?
Viele dieser Fragen und Unsicherheiten ergeben sich in ganz ähnlicher Form, wenn Menschen eine Arbeit im Ausland aufnehmen. Sie kennen sich in ihrem Gastland nicht aus. Nichts ist Routine, weder im privaten Alltag noch am Arbeitsplatz. So lernen sie Schritt für Schritt, welchen Regeln das Leben im Gastland folgt. So wie wir alle gerade lernen, unser Leben in der Corona-Krise neu einzurichten.
Emotionaler Ausnahmezustand durch soziale Isolation
Die augenblickliche Kontaktsperre ermöglicht es uns in besonderem Maß, emotional nachzuempfinden, wie sich ein Kulturschock für Menschen anfühlen kann. Genau dieses Gefühl der sozialen Isolation erleben viele ausländische Arbeitnehmer im Gastland. Sie können mit ihren Familien und Freunden zu Hause nur virtuell Kontakt halten. Dabei fehlt die körperliche Nähe, die gerade in schwierigen Zeiten Trost spenden würde. Gleichzeitig haben sie (noch) kaum soziale Kontakte in der neuen Heimat und leben sehr isoliert.
Wenn zu all diesen Sorgen noch Sorgen um die eigene Gesundheit oder die von Angehörigen und Freunden hinzukommen – wie momentan in der Corona-Krise – ziehen sich manche Menschen noch weiter zurück oder werden sogar depressiv. Dieser emotionale Ausnahmenzustand bildet den eigentlichen Kulturschock.
Soziale Brücken bauen
Wenn Sie zu den Menschen gehören, die auch in der Krise ihren Optimismus behalten, dann könnten Sie Ihre positive Energie mit denen teilen, die unter der Isolation leiden – mit einem Anruf, einer Nachricht oder einer anderen kreativen Idee. Ebenso können wir auch in ‚normalen‘ Zeiten einfach mal auf ausländische Kollegen und Nachbarn zugehen und einen persönlichen Kontakt herstellen. Sie wissen ja jetzt, wie sich soziale Isolation anfühlt.
Wenn Sie sich in Ihrer persönlichen oder beruflichen Situation individuelle Begleitung wünschen, unterstütze ich Sie gern mit Online Coachings per Video Call. Kontaktieren Sie mich per Email oder telefonisch.
Kerstin Brandes
Systemischer Coach & Trainerin